100 Sonnenuntergänge in und um Tübingen

Hallo und willkommen bei meinem Projekt "100 Sonnenuntergänge in und um Tübingen". Im laufe der nächsten Monate kannst Du mir auf dieser Seite bei 100 Sonnenuntergängen folgen.

Wo diese stattgefunden haben, kannst Du in dieser Karte nachvollziehen:

Ich freue mich, wenn Du mir bei den Sonnenuntergängen folgst. Falls Du tolle Orte für Sonnenuntergänge in und um Tübingen kennst, bei denen ich noch nicht war, schreib mir doch bitte eine E-Mail an sandra@treffpunkt-draussen.de . Ich freue mich auf deine Nachricht.

Mit Klick auf diesen Link kommst Du direkt zum aktuellsten Sonnenuntergang.

Nr. 1: Der Anfang (06. April 2020)

Ich sitze irgendwo in der Nähe von Bebenhausen auf einem Hügel im Wald. Heute hatte ich den ganzen Nachmittag im Schönbuch auf Entdeckungstour verbracht und mich dann, als der Sonnenuntergang allmählich näherte, auf natürliche Weise ohne viel darüber nachzudenken auf den Heimweg gemacht. Doch als ich bereits auf dem Fahrradweg nach Tübingen unterwegs war, schien es mir plötzlich als riefe die Sonne mir zu, ich solle das Fahrrad noch mal abstellen, den Steilhang neben mir erklimmen und mir von dort aus den Sonnenuntergang ansehen: gedacht, getan. Dort sitze ich nun, genieße den Sonnenuntergang und fühle mich glücklich, während die Sonne mir entgegen glitzert und der Himmel sich langsam färbt.  "Sowas sollte man viel mehr machen" beschleicht mich der Gedanke und setzt sich mit den Minuten, in denen das Naturschauspiel Sonnenuntergang stattfindet, immer mehr fest. Es ist wunderschön, den Sonnenuntergang zu erleben, den Tag nochmal Revue passieren zu lassen um ihn dann zu verabschieden und den Moment bewusst wahrzunehmen, an denen sich um einen herum die Farben, die Temperatur und Stimmung plötzlich so verändern. Mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages gebe ich mir selbst ein Versprechen und ein neues Projekt wird geboren: 100 Sonnenuntergänge werde ich in den nächsten Monaten bewusst erleben, reflektieren und festhalten. Dies ist die Nummer 1.

Nr. 2: An der Steinlach (09. April 2020)

Ich sitze mit meiner WG gemeinsam an der Steinlach. Meine Schuhe und Socken habe ich ausgezogen und ein Radler in der Hand. Das ist mein erster Sonnenuntergang in diesem Jahr, den ich in Deutschland barfuß und mit einem Bier in der Hand genieße. Die Abendsonne glitzert auf der Steinlach und mein Mitbewohner Andreas liest uns aus einem Roman vor. Ein leises Gefühl von Sommer mischt sich in die Aprilluft. Allerdings ist das Gefühl noch nicht von Dauer, denn sobald die Sonne weg ist packen wir zusammen, weil es ohne Sonne dann doch zu schnell kalt wird. Gemeinsam ziehen wir lachend und erzählend nach Hause und ich freue mich bereits auf die noch kommenden 98 Sonnenuntergänge und die langen warmen Sommerabende, die uns in nächster Zeit noch alle bevorstehen.

Nr. 3: Auf den Obstwiesen zwischen Derendingen und Weilheim (10. April 2020)

Nach einem Waldspaziergang verlasse ich den Wald zwischen Derendingen und Weilheim gerade rechtzeitig, um den Sonnenuntergang auf den Obstwiesen zu erleben. Viele Obstbäume stehen hier derzeit wundervoll in Blühte. Der Wind weht langsam einzelne Blütenblätter von den Bäumen und es scheint fast so, als ob es schneit. Die Blüten duften herrlich, während sich der Himmel allmählich in wunderschönen Farben einfärbt. Was für ein Wunder! Heute erlebe ich einen Sonnenuntergang mit besten Frühlingsgefühlen.

Nr. 4: Gedanken zu Corona auf dem Österberg (15. April 2020)

Heute erlebe ich den Sonnenuntergang auf dem Österberg. Von hier hat man eine herrliche Aussicht über den Nord-östlichen Teil von Tübingen, man sieht sogar bis hinauf zum WHO. Es ist immer wieder ein überwältigend schönes Gefühl, hoch oben zu stehen und auf die Welt herunter zu blicken. Es gibt einen das Gefühl von Überblick und vermittelt damit auch ein sanftes Gefühl der Sicherheit.

Während das Naturschauspiel seinen Lauf nimmt, erfährt Deutschland die neusten Bestimmungen im weiteren Umgang mit Corona - wir werden uns auf weitere Wochen der Isolation einstellen müssen. Das war zwar zu erwarten, aber dennoch hätte ich mich über bessere Nachrichten und ein "Go", mein normales Leben wieder in die Hand zu nehmen, doch sehr gefreut. Die Welt fühlt sich in den letzten Tagen doch so still an...

Die untergehende Sonne begleitet vom lauten zwitschern der Vögel in mitten der erblühenden Natur der Österbergwiese gibt mir Halt. Die Welt steht nicht still und ist gar nicht so ruhig. Das ist sie nie. Die Natur macht unermüdlich jeden Tag weiter. Jeder Samenkorn, jeder Grashalm und jeder Vogel macht aus den jeweiligen Situationen immer das Beste, das aus der Situation heraus gerade getan werden kann.

Ich will mir ein Beispiel an der Natur nehmen und munter weitermachen, mit diesem Projekt der Sonnenuntergänge und allem anderen. Während die Natur gerade einen wundervollen Frühling erlebt, befinden wir in unserer Gesellschaft uns im Übertragenen Sinne gerade im Winter. Doch auf jeden Winter folgt auch immer ein Frühling - und welch Fest das dann ist! Ich schaue voller Vorfreude auf weitere Sonnenuntergänge die noch kommen werden... und heute ganz besonders auf die, die ich eines Tages wieder gemeinsam mit vielen anderen Menschen in ganz engem Kontakt verbringen werde.

Nr. 5: Ein (farben-)froher Sonnenuntergang auf dem Galgenberg (16. April 2020)

Heute sitze ich auf dem Galgenberg und erlebe einen wunderschönen, farbenfrohen Sonnenuntergang mit Blick über Derendingen und das südliche Tübingen. Ich bin nicht alleine, heute habe ich mich mit einem Freund verabredet. Während sich die Sonne langsam hinter den Spitzberg auf der anderen Seite des Tals schiebt, erzählen wir uns, ein Glas Portwein in der Hand, von den letzten Wochen und der verrückten Zeit die wir gerade erleben. Ein Sonnenuntergang den ich in bester Erinnerung halten werde.

Nr. 6: Perspektivenwechsel (17. April 2020)

Erneut geht die Sonne heute hinter dem Spitzberg unter, dieses Mal jedoch rührt eine ganz andere Perspektive auf das Geschehen – und dieser Perspektivenwechsel ist auch, was mich an diesem Abend bewegt. In diesen Tagen lerne viele von uns (notgedrungen), ihr Leben und ihren Alltag aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Vieles, das vorher selbstverständlich war, ist gerade unvorstellbar geworden und einiges, dass wir nie für möglich gehalten hätten, ist plötzlich unsere Realität. Natürlich haben wir uns das alles gar nicht so ausgesucht und den ein oder anderen mag das auch ziemlich belasten. Umso mehr ist es daher wichtig sich bewusst zu machen, dass diese Veränderung unserer Perspektive dabei auch immer eine tolle Chance birgt, sich selbst, das eigene Leben, Handeln und die Ziele, die wir verfolgen, nochmals genau zu betrachten und uns ggf. auch neu auszurichten. Gerade über die Veränderungen und auch den Verzicht lernen wir uns aktuell noch besser kennen, begreifen was uns wirklich wichtig ist im Leben und entdecken vielleicht auch Eigenschaften an uns, die wir zuvor nicht gesehen haben oder nicht sehen wollen.

So wie ich den Sonnenuntergang betrachte und mir für diesen Moment Zeit nehme, möchte ich mir ebenfalls Zeit einräumen mein eigenes Leben nochmal genau zu analysieren und dazuzulernen. Denn auch wenn ein Sturm um uns herum tobt und sich unser Leben vor ein paar Wochen ohne unser zutun plötzlich stark verändert hat: was das mit uns macht, wie wir damit umgehen und was wir daraus lernen liegt zu 100% in unserer Hand und ist unsere Entscheidung.

Nr. 7: Frühlingsblick auf Bebenhausen (18. April 2020)

Heute war ich im Naturpark Schönbuch und habe kurz vor Sonnenuntergang noch Bärlauch in der Nähe von Bebenhausen gesammelt. Es war mein letztes Mal in diesem Jahr Bärlauch sammeln zu gehen, denn nach dem sonnigen und warmen Tag heute stehen nun die ersten Bärlauchpflanzen in Blüte. Mit Beginn der Blüte verändert sich die Konsistenz des Bärlauchs, er wird nun zunehmend faseriger und der intensive Geschmack nimmt ebenfalls ab, daher ist üblicherweise die Sammelzeit mit eintreten der Blüte zu ende.

Kaum zu glauben, aber viele wichtige Frühblüher und andere Frühlingspflanzen sind für dieses Jahr schon „durch“, haben ihre Hochzeit bereits erlebt und werden von nun an den großen Schatten der mächtigen Bäumen, den höheren Temperaturen und anderen Sommerpflanzen weichen. Durch meinen heutigen Streifzug wurde es mir auch nochmals ganz klar: Der Wald verändert sich in den letzten Tagen sehr stark- er wird grüner, wilder und undurchlässiger. Umso mehr genieße ich diesem Sonnenuntergang auf einer Mauer hinter dem Kloster Bebenhausen mit Blick auf die tolle Blütenpracht eines riesigen Obstbaumes. Ich genieße das Spiel der Blüten im Wind und nehme den Moment ganz in mich auf, denn auch Sie werden in den nächsten Tagen fallen, wenn der Baum seine ganze Blätterpracht entfaltet.

Nr. 8: Auf dem verlassenen Neckarparkhaus (22. April 2020)

Heute verbringe ich den Sonnenuntergang auf dem Neckarparkhaus direkt in der Innenstadt. Das Parkhaus ist in diesen Tagen sehr leer, das oberste Deck wirkt absolut verlassen mit keiner Menschenseele, keinem Auto hier. Aber ich bin nicht alleine, ich habe Nils bei mir und gemeinsam unterhalten wir uns, während die Sonne sich dem Untergang naht. Leider bräuchte das Neckarparkhaus noch ein paar Meter mehr Höhe, für einen perfekten Sonnenuntergang, aber das stört uns nicht im geringsten, denn dafür gibt dieser Spot tolle andere Eigenschaften her: Auf dem verlassenen Parkhausdeck bilden sich aus uns in der tief stehenden Sonne gigantische Schatten. Unser Abbild wird fast so groß, wie das ganze Parkdeck. Wir spielen ein wenig damit, lassen Schatten über das Parkdeck tanzen. Ein ganz anderer Sonnenuntergang wie die zuvor.

Nr. 9: Aussichtsblick von der Wurmlinger Kapelle (23. April 2020)

Heute habe ich mit Lukas eine kleine Radtour zur Wurmlinger Kapelle gewagt. Diese steht direkt oben auf einem kleinen Berg in Wurmlingen, dem Kapellenberg genannt. Auf dem Weg dorthin erinnere mich an eine Wanderung vor ein paar Jahren mit einer Freundin, als wir von Tübingen aus in den Schwarzwald gewandert waren. Wir waren an Tag eins top motiviert in Tübingen losgezogen und machten ziemlich viele Kilometer. Doch auch nach dem ganzen Tag laufen konnten wir, wenn wir uns umdrehten, immer noch die Wurmlinger Kapelle als großes Wahrzeichen hinter uns sehen. Was damals so frustrierend auf uns wirkte, lässt mich nun, bei der Kapelle oben auf dem Berg stehend, begeisternd staunen: Man sieht von hier wirklich sehr weit in das Land hinein! Hier oben wartet ein unvergesslicher Ausblick, von Tübingen bis zur Schwäbischen Alb, zum Schönbuch und über die Dörfer der Umgebung hinweg! Absolut traumhaft!

Wir finden eine Bank auf der Nordseite der Kapelle und machen es uns gemütlich mit einem Radler. Während die Sonne langsam ihr Farbenspiel wagt, schauen wir auf Unteresingen und Poltringen, sehen Radfahrer und Hundespaziergänger im Tal vorbeiziehen und hören Musik aus kleinen Boxen. Ich genieße eine traumhafte Aussicht bei traumhaftem Wetter mit einem traumhaften Sonnenuntergang. Ich nehme mir vor, später im Jahr noch einmal für einen Sonnenuntergang hierher zu kommen.

Nr. 10: Farbenspiel auf dem Steinenbergturm (24. April 2020)

Heute mache ich mich mit Dominic gemeinsam auf zu den Tübinger Kliniken. Nur etwa 5 Gehminuten von der BG-Unfallklinik entfernt steht hoch oben auf dem Steinenberg am Rande des Schönbuchs ein 12 Meter hoher Aussichtsturm, der sog. Steinenbergturm. Der Stahlturm ist in seiner Konstruktion nicht besonders spannend, der Ausblick von ganz oben aber umso mehr: Man kann von hier über fast ganz Tübingen sehen und sogar noch weiter bis zur Burg Hohenzollern. Die Aussicht ergänzt perfekt mein Erlebnis von gestern, denn nun sehe ich in die andere Hälfte der Umgebung von Tübingen. Absolut herrlich!

Das schönste an diesem Sonnenuntergang ist aber nicht die Aussicht, sondern die Gesellschaft, unsere Gespräche und das nicht enden wollende, perfekte Farbenspiel, dass der Sonnenuntergang für uns heute so lange bereithält. Kurz nach dem die Sonne verschwindet entpuppt sich ein majestätisches Farbenspiel an Organe-, Rot-, Rosa- und Gelbtönen, die spielerisch die Wolken ummalen. Wir erleben gemeinsam einen fantastischen Abend mit maximal schönen Afterglow, den ich so schnell nicht vergessen werde.

Nr. 11: Spiegelungen am Tübinger Wehr (4. Mai 2020)

Die letzten Tage hat es - zum großen Glück für die Natur- endlich mal geregnet. Auch heute sind noch viele Wolken am Himmel. Dennoch mache ich mich auf zum Wehr, um dort einen Sonnenuntergang zu erleben. "Leider verdeckt eine dicke Wolkenschicht mir den Sonnenuntergang und ich werde nichts sehen", denke ich noch auf dem Weg dorthin. Am Wehr aber offenbart sich mir die volle Schönheit der Situation: ja, die Wolken sind tatsächlich genau vor der Sonne, aber umso schöner spiegelt sich der bunte Himmel mit all den schönen Konturen und Formen der Wolken auf dem Neckar. Ein Sonnenuntergang am Wasser ist doch immer wieder etwas wirklich Besonderes.

Ich genieße die den Moment mit herrlichem Blick auf das Schloss und dir Stiftskirche, die sich als entferne Silhouette ikonisch zur Schau stellen. Ein prächtiger Ort für einen Sonnenuntergang und welch Naturschauspiel – auch ohne direkt die Sonne sehen zu können!

Nr. 12: Frühlingspicknick mit Supermond (6. Mai 2020)

Heute genieße ich ein Picknick mit meinem Partner Lukas auf einer wundervollen Frühlingswiese kurz hinter Weilheim. Wir sind rundum umgeben von Löwenzahnblüten, die bei der kleinsten Berührung ihre Samen mit dem Wind in die Welt los schicken. Ein herrlicher Ort für ein Picknick!
Während wir die Sonne im Untergang begleiten, erhebt sich genau hinter uns der traumhafte Supermond. Sog. "Supermonde" sehen wir immer dann, wenn Vollmond ist und der Mond sich besonders nah an der Erde befindet. Dieser umkreist die Erde nämlich nicht in einer kreisrunden Form, sondern etwas elliptisch. Ist er am weitesten von der Erde entfernt, sprechen wir vom Apogäum, ist er am nächsten Punkt der Erde nennen wir das Perigäum. Heute ist der Mond so nah dran, wie er 2020 nicht erneut der Erde nah kommen wird. Daher sehen wir ihn größer und deutlicher als sonst.

Wir genießen die untergehende Sonne und den aufgehenden riesigen Mond, der im (wegen der Sonne schön rötlich wirkenden) Himmel aufgeht. Zum Abschluss des Spektakels kann ich mich nicht mehr halten und renne noch eine Runde über die Blumenwiese. Unter meinen Füßen explodieren die Blüten um mich herum förmlich und werden in die Luft geworfen! Schon als Kind habe ich es geliebt, durch eine Löwenzahnblütenwiese zu rennen. Hast Du das die letzten Jahre auch Mal gemacht? Es ist ein herrlicher Spaß, den ich jedem nur empfehlen kann.

Nr. 13: Auf dem Schloss Hohentübingen (18. Mai 2020)

Dieses Mal verbringe ich den Sonnenuntergang auf dem Schloss Hohentübingen. Von hier hat man einen faszinierenden Blick über die Dächer der Altstadt und Weststadt. Außerdem kann man aktuell sehr schön verschiedene Vögel beobachten, die in den Schlossmauern nisten und im Versorgungsdrang ihrer Jungen immer wieder ausfliegen, nur um kurze Zeit später erneut wagemutige Anflüge gegen den Wind zu den Schlossmauern meistern. Es ist ein herrliches Naturspektakel, dass man hier beobachten kann.

Leider wird das Schloss um 21.00 Uhr geschlossen, sodass ich meinen Platz verlassen muss, ganz kurz nachdem die Sonne hinter dem Steinenberg untergegangen ist. Ich bin froh, denn da war ich wohl gerade noch rechtzeitig im Jahr beim Schloss - in ein paar Wochen wird es wohl immer schließen bevor wir die Sonne dort beim untergehen beobachten können. Ich mache mich auf dem Heimweg und stelle dabei fest, das erste Mal im Jahr nach dem Sonnenuntergang ohne Jacke zu laufen. Ich grinse. Der Sommer naht.